Samstag, 30. April 2022
Heute ist es sehr neblig und es regnet. Deshalb werfe ich gleich am Hotel den Regenponcho über. Das „Sonnentor Dobel“ (695m) -eines der Westweg-Portale- steht in unmittelbarer Nachbarschaft des Hotels.
Der Weg führt an dem kleinen, aber feinen Kurpark von Dobel entlang hinauf zum Wasserturm.
Sehr bald erreiche ich den Wald. Es geht auf einem schönen Waldweg an Ruhebänken vorbei, die in der Art von Flaggen verschiedener Länder angestrichen sind.
Bald bin ich auf Schotterwegen unterwegs. Laut Wanderführer sollten sich hier nun schöne Ausblicke auf Bad Herrenalb und ins Rheintal bieten. Doch ich bekomme davon leider nichts mit. Teilweise kann ich in dem Nebel nur etwa zehn bis 20m weit sehen.
Auf einmal tauchen hinter mir im Nebel zwei „Gestalten“ auf. Da mich mein Regenponcho in meiner „Rund-um-Sicht“ ziemlich einschränkt, erkenne ich sie erst als sie dicht hinter mir sind. Ich erschrecke ein bisschen, da mir heute bei diesem miesen Wetter noch kaum andere Wanderer oder Radfahrer begegnet sind. Doch die beiden grüßen freundlich und überholen mich recht zügig. „Na klar“, denke ich „die haben ja auch kaum Gepäck dabei. Bestimmt irgendwelche Wanderer, die nur eine Tagestour machen.“ Doch als ich genauer hinschaue fällt mir auf, dass ich die beiden schon einmal gesehen habe. Der Mann mit seinem orangefarbenen Oberteil und die Frau mit den lustigen grauen Kräusellocken, die englisch miteinander gesprochen haben, sind mir heute Morgen beim Frühstück im Hotel aufgefallen. So trifft man sich wieder. 🙂
Kurze Zeit später erreiche ich den Panoramapunkt „Schweizerhütte“ und bin doppelt enttäuscht. Zum einen, weil diese bereits von vier Männern besetzt ist, die dort einen Frühschoppen eingelegt haben, daher möchte ich hier keine Pause einlegen. Zum anderen bin ich enttäuscht, da man von hier aus wohl bei schönem Wetter eine grandiose Aussicht hat. Na ja… muss ich halt wann anders mal wieder her kommen. 😉
Ich laufe also weiter. Irgendwo muss es doch ein trockenes Plätzchen für meine Vesperpause geben… und tatsächlich bin ich kurze Zeit später an der „Hahnenfalzhütte“ auf Höhe von 876m.
Nach einer kleinen Stärkung geht es weiter. Das Laufen auf der Schotterpiste macht mir zusehends immer weniger Spaß. Wenn es wenigstens eine Aussicht gebe…
Bizarre Baum-Silhouetten im Nebel sind das einzige, was etwas Abwechslung schafft.
Der Weg führt aus dem Wald hinaus. Ich komme an dem im Winter von Skifahrern sehr beliebten Örtchen Kaltenbronn (869m) vorbei. Zwei Augenpaare schauen mich aus dem Nebel heraus an. Da mir heute noch wirklich nicht viele Lebewesen begegnet sind, freue ich mich über die beiden Esel, die auf einer Weide grasen.
Hinter Kaltenbronn geht es wieder in den Wald. Es folgt ein sehr steiler Anstieg entlang des Wildbachs.
Ich stöhne… wer hatte eigentlich diese fixe Idee diesen „Mist“ hier zu machen? Ich hab doch Urlaub! Ich könnte eigentlich auch ganz entspannt am Strand liegen… Ach so. Das war ja ich. Ich wollte unbedingt den Westweg entlang wandern… Na gut. 😊
Oben am Hohlohsee angekommen werde ich für meine Strapazen belohnt. Die Sicht ist zwar immer noch „vernebelt“ und ich kann den See nur erahnen, aber es umgibt mich eine friedliche Stille. Auf dem Bohlensteg geht es durch das moorige Gebiet. Außer dem Gezwitscher einiger Vögel und dem Hämmern eines Spechts ist hier nichts, absolut nichts zu hören. Ich genieße diese friedvolle Ruhe. Es ist so schön.
Der Aussichtsturm Hohloh (986m) taucht hinter dem See plötzlich aus dem Nebel auf. Hoch gehe ich nicht. Lohnt sich bei diesem Nebel ja wirklich nicht und meine Füße flüstern mir leise zu, dass ich das bitte, bitte sein lassen soll. Wobei man an schönen Tagen wohl bis in die Vogesen sehen kann. Schade…
Ich merke, dass sich langsam aber sicher der Nebel etwas auflöst. Die Sicht wird besser. Unterhalb vom Weg kann ich sogar einen kurzen Blick ins Tal erhaschen. Ich freue mich wie ein Honigkuchenpferd. Mal etwas anderes sehen, als nur dieses weiße undurchsichtige Etwas.
Clemens ruft mich an. Er ist zwischenzeitlich in Forbach angekommen. Tagsüber hat er ein kurioses Museum in Marxzell besucht und sich in Baden-Baden ein bisschen umgeschaut.
In unserem Hotel in Forbach konnte er schon einchecken und ist nun auf der Suche nach einem Restaurant. Wir telefonieren also und besprechen die Lage… Ich hab nur noch 4 km bis Forbach. Das ist zu machen. Aber ich weiß, dass diese letzten Kilometer bergab gehen. Im Wanderführer steht, dass es sich um einen „alpin anmutenden Bergweg“ handelt. Nun gut, dann mache ich mich eben langsam und mit viel Spucke an den Abstieg. Wir verabreden, uns in Forbach zu treffen und beenden unser Telefonat.
Kurze Zeit später denke ich, dass ich doch nun endlich noch an einem der Highlight des heutigen Tages vorbei kommen müsste… Seltsam. Kurz auf Komoot geschaut… Ich bin direkt daran vorbei gelaufen und hab es gar nicht bemerkt! Das gibt es doch nicht. Wahrscheinlich habe ich während des Telefonats nicht aufgepasst. Mist! Was tun? Zurück, den Berg wieder hoch? Weiter laufen? Irgendwann nochmal kommen? Nein! Wer weiß, ob ich das jemals machen werde…
Also wieder den Berg hoch. Aber es lohnt sich. Als ich am Latschigfelsen (726m), meinem Highlight, ankomme ist die Sicht großartig. Der Nebel ist weg und ich habe einen tollen Blick ins Murgtal. Ich kann jetzt erahnen, welche tollen Aussichten mir heute tagsüber durch den Nebel leider verwehrt blieben.
Nun geht es durch den Wald steil den Berg hinunter. Als ich aus dem Wald heraus komme und an den ersten Obstwiesen vorbei wandere, gelange ich an den Hexenbrunnen.
Hinter dem Brunnen geht es eine steile Böschung wieder hoch und nochmals an Obstwiesen vorbei. Mit Aussicht läuft es sich auch gleich viel beschwingter.
Ich kann einen ersten Blick auf Forbach werfen. Doch der Abstieg macht mir langsam echt zu schaffen. Die Füße brennen und mein linker Oberschenkel zeigt mir mittlerweile seinen virtuellen Mittelfinger. Meine Knie sind sich noch nicht ganz so sicher, was sie von der ganzen Aktion „Westweg“ halten sollen. Sie sind noch unentschlossen und deshalb noch etwas verhalten in der Reaktion zu diesen beiden ersten Tagen. Ein Glück.
Ich hab noch ein paar Höhenmeter bergab vor mir. Als ich das nächste Westweg-Portal erreiche wartet da schon Clemens auf mich. Er macht noch ein paar Fotos von mir und dem Tor.
Clemens bietet mir an, mich die letzten Meter zum Hotel zu fahren. Aber das möchte ich nicht. Ich will jeden verfl… Meter selber laufen. Ich schleppe mich die letzten Meter Richtung Hotel, das direkt neben der Sehenswürdigkeit von Forbach (305m) steht – die historische Holzbrücke über die Murg.
Die historische Holzbrücke ist die größte ihrer Art in Europa und Wahrzeichen der Gemeinde Forbach. 1778 wurde sie erstmals errichtet. 1954/55 wurde sie originalgetreu nachgebaut.
Als ich im Hotel ankomme und die Treppe zum Zimmer hoch laufen möchte streiken meine Knie dann doch. Mist. Das tut ziemlich weh.
Abends gehen wir noch im hoteleigenen Restaurant etwas essen. Direkt neben der Eingangstüre sitzen meine beiden „Nebelgestalten“ (orangenes Shirt und Kräusellocken) an einem Tisch und grinsen mich an. Ich mache gerade wohl keinen guten Eindruck, wie ich ins Restaurant rein humpele.
Etwas später, als wir unser Essen schon bekommen haben, spielt dann auch noch mein Kreislauf verrückt. Mir wird schlecht und gleichzeitig schwarz vor Augen. Zum Glück kann ich mich auf die Eckbank legen, auf der ich gerade noch saß. Einige Minuten später geht es mir zum Glück besser. Was bitte war das? Ich werde bestimmt nicht nach dem zweiten Tag mein Vorhaben abbrechen. Erstmal ausruhen. Morgen sehen wir weiter…